DSK Research and Development Award 2004

Forschungspreis der Deutschen Steinkohle 2004

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MINEO – Umweltmonitoring bei DSK beschreibt neue Wege

Damit hätte der 44jährige Bottroper Peter Vosen vor rund drei Jahren noch nicht gerechnet - im November 2004 mit dem Forschungspreis der Deutschen Steinkohle ausgezeichnet zu werden. Drei Jahre genau ist es her, dass er die Leitung für ein Forschungsprojekt mit dem englischen Namen „Assessing and Monitoring the environmental impact of mining activities in Europe using advanced earth observation techniques“ bei DSK übernahm. „MINEO – Umweltüberwachung in Bergbaugebieten mit neuen Fernerkundungsmethoden“ ist da in der deutschen Übersetzung doch erheblich kürzer.

Als diesjähriger Forschungspreissieger reiht sich Peter Vosen ein in die Riege engagierter Forscher und Entwickler, die seit 2002 mit dem Forschungspreis ausgezeichnet werden. „Wir sind stolz auf unsere Mitarbeiter“ hebt Vorstandsmitglied Jürgen Eikhoff während seiner Laudatio hervor, „die mit so viel Engagement und Kreativität die Herausforderung aufgreifen und meistern. Hinter jeder technischen Entwicklung stehen Menschen, die nicht die Hände in Schoss legen und auf bessere Zeiten warten, sondern die aktiv an der Zukunftsgestaltung mitarbeiten. Ich denke, das solche Menschen in unserem Land eine Art Vorbildfunktion haben.“ Ziel der Verleihung des Forschungspreises ist sowohl die Herausstellung der Leistung der Projektleiter, als auch die Dokumentation der Leistungsfähigkeit von DSK im Hinblick auf ihre Forschungsaktivitäten nach außen.

Verantwortungsvoller Umgang mit der Umwelt

Das Kürzel des Projekts - MINEO - steht für „Umweltüberwachung in Bergbaugebieten mit neuen Fernerkundungsmethoden“. Umweltmonitoring hat seit Anfang der 90er Jahre eine immer größer werdende Bedeutung für die DSK bekommen, insbesondere im Rahmen von Genehmigungsverfahren und den damit verbundenen Umweltverträglichkeitsprüfungen. Ein verantwortungsvoller Umgang mit der Umwelt steht im Mittelpunkt. So schafft DSK schon im Vorfeld der bergbaulichen Tätigkeit Voraussetzungen, die ein nachhaltiges Miteinander von Produktion und Natur gewährleisten.

Um die sich hieraus ergebenden Aufgaben im täglichen Geschäft zu meistern, wurde von Beginn an modernste Technik in Form von Geoinformationssystemen und Fernerkundung eingesetzt. MINEO stellt hierbei einen wichtigen Baustein dar.

Informationen aus der Luft

Im Rahmen des Umweltmonitorings werden für Abbau- und Planungsgebiete mit Flächenausdehnungen von zum Teil über 100 Quatratkilometern verschiedenste Schutzgüter (zum Beispiel Tiere, Pflanzen, Gewässer) hinsichtlich der bergbaulichen Beeinflussung untersucht. Grundlage hierfür sind regelmäßige und flächendeckende Bestandserfassungen der einzelnen Schutzgüter, die in der Regel terrestrisch, also „zu Fuß“, mit großem Aufwand durchgeführt werden.

Ziel von MINEO war es, durch den Einsatz von Fernerkundung - für das Schutzgut Vegetation - eine kostengünstige und zeitnahe Erfassungs- und Analysemethode zu entwickeln.

 126 Kanäle liefern digitale Info rmationen

Zunächst erfolgt die Befliegung des entsprechenden Gebietes mit einer hochsensiblen Kamera, dem so genannten hyperspekralen HyMap-Sensor. Dieser Sensor liefert digitale Bilder der Erdoberfläche mit einer räumlichen Auflösung von fünf Metern. Dies erscheint im Vergleich mit modernen Satelliten, die bereits eine Auflösung kleiner einem Meter liefern, nicht sehr fein. Der entscheidende Vorteil von HyMap ist jedoch, dass dieser Sensor für jeden Bildpunkt 126 verschiedene Info rmationen über die Reflexionseigenschaften der Erdoberfläche im sichtbaren und infraroten Bereich liefert. Gerade diese hohe „thematische“ Auflösung ist für die Aufgabenstellung der DSK wesentlich, da erst durch sie die teilweise sehr geringen Auswirkungen auf die Vegetation nachweisbar sind.

Die so aufgezeichneten Informationen lassen sich in Form von Spektren darstellen, wobei unterschiedliche Materialien (zum Beispiel Sand, Wiese, Wald) auch einen unterschiedlichen Verlauf der Spektren ergeben. Für die anschließende Datenauswertung wurde eine Software entwickelt, die es erlaubt, diese Spektren sehr detailliert zu analysieren. Damit lassen sich verschiedene Vegetationstypen (bis hin zu einzelnen Baumarten) und deren Zustandsänderungen erfassen.

Eingespeist in das Geo- Informationssystem stehen die Daten den DSK-Fachleuten im Rahmen des Umweltmonitorings für die tägliche Arbeit zur Verfügung. Die unmittelbare Umsetzung der Ergebnisse des Vorhabens unterstreicht eindrucksvoll, dass Forschung und Entwicklung bei DSK nicht „nice to have“ ist, vielmehr ist es ein erfolgreiches Beispiel dafür, dass Innovation bei DSK einen erheblichen Beitrag dazu liefert, die gestellten Aufgaben effizient bearbeiten zu können.

Unter Tage und im All

Eine interessante Verbindung zu dem Siegerprojekt, das sich mit der Auswertung von Informationen, die mittels eines Sensors vom Flugzeug - aber in Zukunft auch von Satelliten -  gewonnen werden, stellte dann auch der Gastvortrag von Dr. Ulf Merbold dar. Mit dem Titel „Wissenschaft im Weltraum“ berichtete der Wissenschaftler und Astronaut über seine Erfahrungen, die er im Laufe seines Berufslebens im Rahmen von unterschiedlichen ESA-Projekten gesammelt hat.

Raumfahrttechnologie und Bergbau – auch hier gibt es eine Verbindung. Seit 1999 ist DSK aktiv an unterschiedlichen ESA-Aktivitäten beteiligt, die sich mit evt. Spin-offs und anderen Möglichkeiten des Einsatzes von neuen Schlüsseltechnologien für den Bergbau auseinander setzten. Im Rahmen eines ESA-Workshops „From space to mine“ soll so z. B.  ein auf Basis der Raumfahrttechnologie entwickeltes optisches System zur kontinuierlichen Seilprüfung auf einem Bergwerk zum Einsatz kommen. Vorgesehen ist dieser Einsatz für das Frühjahr 2005. Forschung bei DSK – wir gehen neue Wege für die Energieversorgungssicherheit.

   

Interview während der Preisverleihung am 16.11.2004 im Octogon Zeche Zollverein, Essen mit der Pro7-Moderatorin Christiane Gerboth:

Chr. Gerboth:

Herr Vosen zuerst einmal die Frage: Haben Sie damit gerechnet, dass Sie mit Ihrem Projekt MINEO das Rennen machen?

 P. Vosen:

Ganz ehrlich? Ein bisschen schon;-) Aber nicht, weil ich glaube, dass das Projekt besser ist als die anderen heute vorgestellten Projekte, sondern weil das Thema in der letzten Zeit in einigen Vorträgen und Publikationen – auch vom DSK-Vorstand – immer wieder als positives Beispiel für die Innovationsfreudigkeit und den High-Tech-Einsatz im Bergbau angeführt wurde.

Chr. Gerboth:

Eine Beobachtung, die wahrscheinlich nur regionsfremde Städter wie ich machen können. Ich habe bei meinen Besuchen hier gestaunt, welche fast schon emotionale Anbindung auch junge Menschen zum Steinkohlenbergbau haben. Ist das bei Ihnen - einem pragmatischen Forscher ähnlich.

P. Vosen:

Ja, das gilt auch für mich. Zum einen liegt der Bergbau in der Familie - mein Vater ist Markscheider. Zum anderen bietet der Bergbau für einen Ingenieur nach wie vor außergewöhnliche Aufgaben mit dem Bedarf an entsprechend hochwertigen Lösungen.

Darüber hinaus fasziniert mich persönlich die Möglichkeit, strategisch und langfristig an Projekten zu arbeiten – und wir planen immerhin noch bis weit in das nächste Jahrzehnt.

Chr. Gerboth:

Wie sind Sie zur DSK gekommen?

P. Vosen:

Mein „Leben bei der DSK“ begann Ende der 80er Jahre als Mitarbeiter eines Forschungsprojektes im Bereich GIS/Geoinformation  - damals in Zusammenarbeit mit der RWTH Aachen, wo ich Markscheidewesen studiert habe. Seitdem bin ich im Bereich Geoinformation und Fernerkundung tätig. Mit diesem Preis schließt sich für mich also auch persönlich ein Kreis.

Chr. Gerboth:

Bevor wir in die Details Ihres Projekts einsteigen, zunächst noch ein kurzer Satz aus der Begründung der Jury: das Projekt wurde zügig und erfolgreich durchgeführt, das klingt so spielend leicht. War es das ?? oder hat ein Projektleiter auch schon mal schlaflose Nächte gehabt bzw. gar eine kleine Projektdepression?

P. Vosen:

Naja, auf jeden Fall war es eine angenehme Aufgabe. Als Projektleiter kann man so ein Projekt nur zum Erfolg führen, wenn das Team dahinter entsprechend kompetent und motiviert ist. Das gilt sowohl für die eigenen Mitarbeiter als auch für das Team der TU Clausthal mit Prof. Busch, Dr. Fischer und Hr. Brunn, das einen großen Teil der Arbeit geleistet hat.

Andererseits müssen natürlich auch von oben entsprechende Freiräume eingeräumt werden.

Nichtsdestotrotz gab es natürlich eine Reihe von nicht oder nicht in der Heftigkeit erwarteten Probleme - insbesondere bei der Vorverarbeitung der Rohdaten, die nötig war, um überhaupt verlässliche Informationen ableiten zu können. Da gab es schon schwere Monate und lange Nächte, Depressionen sind aber dank des guten Teams und den schlussendlich doch erreichten Ergebnissen nicht aufgetreten.

Erfreulich ist auch, dass sowohl das gesamte Projekt bei der EU auf große Zustimmung gestoßen ist als auch gerade der Part der DSK - einziger Industrievertreter unter all den Geologischen Landesämtern - immer wieder lobend erwähnt wurde. Auch die Zusammenarbeit mit den europäischen Partnern war sehr konstruktiv und unkompliziert. Und Dienstreisen von Finnland bis Portugal sind für DSK-Mitarbeiter ja auch nicht alltäglich, insofern hat für mich persönlich MINEO sehr viel mehr positive als negative oder gar depressive Aspekte.

Chr. Gerboth:

Herr Vosen, Sie gewinnen ja nicht nur Forschungspreise, sondern sind im wahren DSK-Leben vor allem mit den zahlreichen Anforderungen des Umweltmonitoring beschäftigt, was genau können Sie mit den Ergebnissen ihres Projekts hier anfangen, „die Firma will schließlich was davon haben“.

P. Vosen:

Ein Erfolg von MINEO war, dass wir nachweisen konnten, dass diese Methode überhaupt operativ zur Klassifizierung von Vegetation und Erkennung deren Veränderung einsetzbar ist - mit vertretbarem Kosten- und Zeitaufwand. D.h. es gibt jetzt einen funktionierenden Workflow vom Bildflug bis zur Ableitung umweltrelevanter Info rmationen aus hyperspektralen Daten.

Dabei ist MINEO nur EIN wichtiges Glied in einer Reihe von DSK-Forschungsprojekten im Bereich GIS und Fernerkundung seit Anfang der 90er Jahre, die in Summe dazu geführt haben, dass wir heute im Tagesgeschäft die hohen Anforderungen im Rahmen der Genehmigungsverfahren und Umweltplanung erfüllen und weiteren Anforderungen der Genehmigungsbehörden gelassen entgegen sehen.

Gerade die Fernerkundung - sei es vom Flugzeug oder vom Satelliten - liefert einen großen Beitrag zur flächendeckenden Dokumentation und Bewertung der von der DSK beeinflussten Gebiete. Ergebnisse sind u. a. digitale Geländemodelle, 3-D-Gewässernetze oder - wie hier bei MINEO - Daten über die Vegetation und deren Veränderung. Also hier ist die Forschung ganz klar Grundlage für unser Tagesgeschäft.

Ch. Gerboth:

Preisträger sind Sie aber auch deshalb geworden, weil MINEO eben bei weitem NICHT NUR Bedeutung für den Steinkohlebergbau hat, worin liegt denn so etwas wie ein übergeordneter Nutzen. Wem und wo können Sie mit Ihren Neuerungen dienlich sein?

P. Vosen:

Im Rahmen von MINEO sind einige grundlegende bergbauunabhängige Tools entwickelt worden, z.B. eine Spektralbibliothek und Auswertesoftware für die mit HyMap erfassten Daten. Gerade in letzter Zeit gibt es Anfragen zur Nutzung dieser Werkzeuge in anderen europäischen Forschungs-Projekten.

Und obwohl das Projekt jetzt schon seit fast 1,5 Jahren beendet ist, gibt es weiterhin regen Kontakt und Austausch innerhalb der „MINEO-Familie“. Für nächstes Jahr ist ein Treffen in Warschau geplant, um sowohl die weitere wissenschaftliche Entwicklung der Methode (z.B. Nutzung neuer Sensoren), die Anwendung der Methode in weiteren Anwendungsbereichen als auch die Vermarktung der MINEO-Tools voranzutreiben.

Mögliche Anwendungsgebiete außerhalb des aktiven Bergbaus sind überall dort zu sehen, wo großflächig, aber trotzdem detailliert Umweltdaten benötigt werden – so z.B. für die Waldzustandserhebung oder Gewässergütekartierung.

Ch. Gerboth:

Der Gewinn eines Preises bedeutet ja nicht das war's - so schätze ich Sie ein - sondern wie geht das weiter? Welche Folgevorhaben gibt es noch? Wie geht es jetzt nach Projektabschluss weiter, haben Sie etwas in Planung?

P. Vosen:

Stimmt! MINEO ist ja schon seit Mitte 2003 zu Ende. Über die bereits erwähnten Aktivitäten der „MINEO-Familie“ auf europäischer Ebene hinaus haben wir DSK-intern die Ergebnisse von MINEO in einem Folgevorhaben weiterentwickelt. Und z. Zt. sind wir dabei, alle Daten (vom Boden, vom Flugzeug, vom Satelliten) und Methoden in einem Umweltinformationssystem zu bündeln. Das wird uns noch bis 2006 beschäftigen.

Ch. Gerboth:

Herr Vosen, vielen Dank für die interessanten Einblicke in die Forschungsarbeit bei der Deutschen Steinkohle AG.

 

Bilder der Preisverleihung am 16.11.2004:

 

DSK-Vorstand J. Eikhoff

Moderatorin Ch. Gerboth und Astronaut U. Merbold

Preisverleihung

 

 

 

 

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